Das erste Halbfinale ist überstanden. Wie auch von mir im ersten Teil meines Teilnehmerchecks erwartet, konnten Dänemark, die Ukraine sowie Holland erfreulicherweise das Finalticket lösen. Ein Lichtblick unter der erschreckend schlechten Konkurrenz. Aber irgendwer muss schließlich die letzten Plätze im Finale füllen. 😉
Wer nun denkt, im zweiten Halbfinale kommen nun bessere Beiträge, irrt leider gewaltig. Die richtig schrägen und kuriosen Songs werden wir nämlich erst in diesem zweiten Halbfinale erleben. Die gesamte Playlist des zweiten Halbfinals ist im offiziellen Eurovision-Youtube-Kanal zu finden.
Ein kurzer Blick auf das zweite Halbfinale, in dem die letzten zehn Finalplätze vergeben werden:
Lettland
Die Show und das Kuriositätenkabinett eröffnen PeR aus Lettland. Ihr Titel „Here We Go“ ist (mal wieder) eine völlig belanglose Pop-Nummer, ergänzt mit ein paar Rap-Zeilen. Dazu dürfen die drei Letten in lustigen Glitzeranzügen und in schlechtester Boyband-Manier über die Bühne hüpfen. Ich werde zudem das Gefühl nicht los, dass ich große Teile des Songs schon einmal woanders gehört habe. Auch wenn der Refrain ziemlich schnell im Ohr hängen bleibt, bleiben uns PeR hoffentlich im Finale erspart.
San Marino
Die italienische Enklave schickt wie im Vorjahr Valentina Monetta mit einer Ralph-Siegel-Komposition ins Rennen. Und der Song ist gar nicht so besch… eiden, wie man vielleicht denkt. Valentina hat eine tolle Stimme und Ralph Siegel scheint mit „Crisalide“ ausnahmsweise mal eine ganz brauchbare Komposition gelungen zu sein. Ein ordentlicher Beat, viele Streicher und selbstverständlich mächtige Tonlagenwechsel für die Dramatik. Der Siegel kennt das ESC-Business halt. Siegel-Titel bedeutet aber schon lange nicht mehr zwangsläufig Siegertitel. Für den ersten Finaleinzug San Marinos dürfte es aber wohl endlich mal reichen.
Mazedonien
Das kann eigentlich nur ein Scherz sein. Lozana beginnt zu singen, der Beat setzt ein, innerlich stellt man sich bereits auf eine typisch langweilige ESC-Ballade ein. Nach ungefähr einer Minute springt jedoch Esma auf die Bühne und lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Mir ist egal, wie lange die alte Dame in ihrem Land schon im Musikgeschäft ist. Für meine westliche Ohren ist es einfach nur grausam, dass ich sie fast mit Essigsäure auswaschen will. Den viel gescholtenen Ostblockstaaten könnte das sogar gefallen. Ich möchte das nicht.
https://www.youtube.com/watch?v=m7C1r46GWjI
Aserbaidschan
Farid Mammadov singt „Hold Me“. Kündigte man ihn nicht an, würde vermutlich niemandem auffallen, dass da jemand auf der Bühne steht und singt. Belanglos leiert er den wohl als Pockpop-Ballade gedachten Song herunter. Ich vermute ja außerdem, dass er auf seinem Podest festgeklebt wurde.
Finnland
Ein stumpfer Beat, viel ‚Oh Oh Oh‘, ein wenig Glockenläuten und ein richtig stumpfer Beat. So lässt sich in etwa „Marry Me“ von Krista Siegfrids aus Finnland zusammenfassen. Geht mir bereits nach 30 Sekunden tierisch auf die Nerven. Die Liedzeile „Ding Dong“ trägt ihr übrigens bei.
Malta
Gianluca Bezzina singt in „Tomorrow“ über irgendeinen Jeremy. Warum, weiß vermutlich niemand. Pluspunkte gibt es für den hippen Einsatz der Ukulele. Minuspunkte für seinen absolut nervigen Sprachfehler. Darüberhinaus bewirkt der fast schon krampfhafte Versuch, bei den Zuhörern gute Laune zu versprühen, bei mir eher das Gegenteil.
Bulgarien
Dudelsack trifft auf Trommelgruppe. Dazu eine unfassbar schlechte Sängerin. Elitsa Todorova und Stoyan Yankulov versuchen es mit Balkanpop. Es ist zwar der ESC, aber ein wenig Geschmack traue ich der Zuschauerschaft schon zu. Verhindert bitte „Samo shampioni“!
Island
Eythor Ingi Gunnlaugsson fällt definitiv auf. Mit seinen langen, blonden Haaren könnte er problemlos als Thor-Double auftreten. Beim ESC versucht er es mit der Klavierballade „Ég á líf“. Nach und nach gesellen sich auch hier Gitarre und Streicher hinzu und steuern auf einen musikalischen Höhepunkt hin. Ich hab zwar keine Ahnung worüber er singt, aber es gefällt mir irgendwie. Eine der besseren Balladen in diesem Wettbewerb, die ich gerne noch einmal im Finale hören würde!
Griechenland
Die Griechen um Koza Mostra & Agathonas Iakovidis sind vermutlich die Underdogs in diesem Wettbewerb. Mit Ska-Punk bringen sie die wirtschaftliche Lage des Landes auf den Punkt: Alcohol is free. Damit ist wohl der kostenlose Ouzo nach dem Essen beim Griechen um die Ecke gemeint. Kein Wunder, dass sich das irgendwann rächt. Die Gruppe passt wunderbar ins Kuriositätenkabinett dieses Halbfinals und hat deshalb leider gute Chancen ins Finale einzuziehen.
Israel
Moran Mazor ist eine 21-Jähriger Nana-Mouskouri-Doppelgängerin mit einem Dekolletee bis zum Bauchnabel. Outfit und Frisur machen sie zudem locker mal 15 Jahre älter. Sie kann zwar singen, leidet bei „Rak Bishvilo“ aber unerträglich und macht den Song damit zu einer der schwächeren Balladen des diesjährigen ESC.
Armenien
Ein weiterer Weltverbesserungssong. Auffällig an dem Rockpop-Song „Lonely Planet“ von Dorians sind weniger der seichte Text oder die dominierenden Gitarrenklänge, sondern vielmehr die Monobraue des Sängers. Der wohl haarigste Auftritt des ESC 2013.
Ungarn
Wer sicht „ByeAlex“ nennt, hat sein Schicksal wohl bereits selbst entschieden. „Kedvesem“ könnte ein interessanter Song sein. Nicht zuletzt, weil viele Welterfolge durchaus ebenfalls auf 3 oder 4 Akkorden basieren. Aber die sind dann halt auch besser gesungen. ByeAlex singt leider einfach grottig, sodass es für das Finale hoffentlich nicht reicht. Da dürfte auch die Nerdbrille und Wollmütze nicht helfen können.
Norwegen
Skandinavien ist dieses Jahr ziemlich stark. Das beweist auch der norwegische Beitrag. Margaret Bergers „Feed You My Love“ ist interessanter und kraftvoller Electro-Pop, der im Gegensatz zu den anderen Electro-Songs ausnahmsweise mal nicht stumpf wirkt. Die Streicher-Elemente wirken meines Erachtens gut platziert und ergänzen den Beat recht gut. Zudem passt es optisch und gesanglich. Definitiv einer der Favoriten für mich und muss daher Finalkandidat!
Albanien
Adrian Lulgjuraj und Bledar Sejko setzen auf eine Rock-Powerballade. Neben harten Gitarrenriffs, wirklich guten Gitarrensoli und dem kräftigen Schlagzeug, fand sich auch in „Identitet“ noch etwas Platz für die beliebten Streichinstrumente. AUßerdem meine ich auch ein paar Bläser heraushören zu können. Hier fährt jemand groß auf! Ich freue mich auf die Bühnenshow. Sollte die gut gelingen, könnte das etwas werden.
Georgien
Sophie und Nodie aus Georgien schmettern mit „Waterfall“ eine eurovisionstypische Liebesballade. Der Song wurde übrigens vom Schweden Thomas Gustafsson geschrieben, der letztes Jahr Loreen mit „Euphoria“ zum Sieg verhelfen konnte. Ob das auch diesmal gelingt? Gute Harmonien, ansteigender Beat und zwei großartige Stimmen machen den Song durchaus zu einem ernstzunehmenden Top10-Titel.
Schweiz
Im Grunde könnte man die Show an dieser Stelle beenden. Die letzten beiden Teilnehmer kann ich nämlich irgendwie nicht ernst nehmen. Andererseits fügen sie sich ziemlich perfekt in die ganzen schlechten Beiträge ein. Die Schweiz hat sich nämlich entschieden, die Heilsarmee nach Malmö zu schicken! Von den ESC-Verantwortlichen wurde die christliche Freikirche allerdings gezwungen Uniform und Namen abzulegen, weswegen sie nun als Takasa mit „You And Me“ antreten. Ein miserabler Song, der sich live leider auch eher bescheiden anhört. Der wirklich gute sechzehnte Startplatz im Semifinale könnte allerdings zum Finaleinzug beitragen.
http://www.youtube.com/watch?v=ESlytwZBWpc
Rumänien
Wer jetzt denkt, es könnte nicht schlimmer kommen, kennt den rumänischen Beitrag nicht. „It’s my life“ ist eine Popoperette, deren billiger 80er-Jahre-Beat nur durch – oh, Überasschung! – Dubstep-Elemente gestört wird. Dazu ist Sänger Cezar offenbar auch mehrere Wochen nach Ostern noch mit der Eiersuche beschäftigt. So schräg, dass fast zu befürchten ist, dass der rumänische Kastrat ins Finale gewählt wird.
Fazit: Unterhaltsam wird das zweite Halbfinale allemal. Das liegt nicht zuletzt (mal wieder) an der hohen Anzahl schlechter Beiträge, insbesondere des mazedonischen und rumänischen. Island und Norwegen ziehen daher hoffentlich ins Finale ein. San Marino, Georgien und Albanien sind dann schon eher die zweite Wahl.